Die Montagsidee(n) der Gewehrkompanie

Die Montagsidee(n) der Gewehrkompanie

Dicke Bretter mussten gebohrt werden, um ein wenig Licht in dieses bisher wenig thematisierte Kapitel bringen zu können. Nach Durchsicht der ersten Rechercheergebnisse bot sich einem allerdings ein “Nichts Genaues weiß man nicht“-Bild. Aber nach einigen konspirativen Telefonaten konnten die alten Haudegen unter den Gesprächspartnern doch noch einige wesentliche Puzzelstücke beisteuern, so daß sich die Mosaiksteinchen langsam zu einer zusammenhängenden und einigermaßen nachvollziehbaren Entstehungsgeschichte zusammenfügen ließen.

Dem prähistorischen Ursprung des Verkleidens kam man somit auf Umwegen auf die Schliche und die Anfänge datieren im Zeitfenster Mitte bis Ende der 70er Jahre. Irgendein Strolch, die Zeitzeugen weigern sich – auch nach Jahrzehnten – immer noch beharrlich den Namen des Anstifters preiszugeben, kam auf die glorreiche Idee der Truppe für den Ummarsch Holzschuhe (!) zu verpassen. Zunächst hatte keiner der Beteiligten Einwände vorzubringen, jedoch war die Wegstrecke bereits nach den ersten Dutzend Metern die reinste Qual und für diesen nicht zu Ende gedachten Fehlgriff wurden die Protagonisten mit zahlreichen Blasen an den Füßen abgestraft. So war der erste Auftritt zwar optisch gelungen, aber Abstriche bei der körperlichen Unversehrtheit wurden billigend in Kauf genommen.   (*schmunzel*)

Um den eigentlichen Hintergrund aber besser beleuchten zu können müssen wir das Rad der Geschichte nochmal in die “Kreidezeit“ zurückdrehen.

Bereits in den 80er Jahren widmete man sich nach dem Sonntagsumzug immer dem obligatorischen Kneipenbummel (Wellering, Hammann’s Mia, Vossmann’s Ruth, Rolf & Treschen, …) und während der Belagerung der Wirtshäuser wurde ein steter (harmloser, eher “neckischer“) Konkurrenzkampf/-gedanke mit der selbsternannten und inoffiziellen 5. (!) Kompanie, die nur montags existiert, angezettelt. “Kontrahenten“ waren Walter vdE, Ali, Schröder’s Pudel, Titzi (& Co.). “Das lassen wir nicht auf uns sitzen – morgen sind wir (!) die Ersten in der Kneipe“ schallte es desöfteren durch die rauchgeschwängerte Raumluft der gastronomischen Bierkulturstätten. Die Stimmung wurde, im positiven Sinne, enorm hochgeschaukelt und auch die internen Aktivitäten der Gewehrkompanie trieben immer seltsamere Blüten, wusste unser heutiger hauptamtlicher Fahnenträger doch sogar von gespielten Häuserkampfszenen mit Gewehreinsatz zu berichten (wei, oh wei).

Der offizielle Startschuß für die Idee des Komplettverkleidens begann schließlich vor 28 Jahren. Der Kalender zeigte das Jahr 1984 an und die Königspaare hießen in dem Sommer Langen Norbert & Thieden Lisabeth, sowie Horst Ellinghausen & Renate Harms. Der SCT war in der abgelaufenen Saison 1983/84, mit 8 Punkten Vorsprung auf den ersten Verfolger TuS Sulingen, Meister der Bezirksklasse geworden und stand gleichzeitig als Aufsteiger in die Bezirksliga fest (an dieser Stelle ein Dank an den SCT-Archivar H.-G. Wilkens). Und da der SCT-Spaltenleiter Ücky in Personalunion auch der stellvertretende Gewehrkompaniechef war, entstand ganz spontan der Einfall sich aus diesem sportlichen Anlaß zu verkleiden. In der Gaststätte Vossmann wurde sich umgezogen und als Outfit hatte man sich kurze Fußballhosen und das Vereinstrikot organisiert. Die Idee war also geboren und sollte sich in den Folgejahren, in zunächst unregelmäßigen Abständen, durchsetzen.

Die nächsten glaubhaft versicherten Auftritte legte die Gewehrkompanie zu Beginn des letzten Jahrzehnts vor dem Jahrtausendwechsel hin. So wurde sich zur Weltmeisterschaft 1990 mit Deutschlandtrikot und -Fahnen geschmückt und 2 Jahre später thronte sonntags “Sonnenkönig“ Ludwig Kuhangel über dem Schützenvolk – und da dieser König nicht nur 1991, sondern auch 1 Jahr später bei Bombenwetter regierte, wurde 1992 bereits sonntags mit großen Sonnenblumen marschiert.

Der Bann war nun also gebrochen und im kleinen “Wettbewerb“ mit der “5. Kompanie“ wurden von uns fortan fast jedes Jahr Aktionen und Verkleidungen präsentiert, u.a.

  • Planwagenfahrt;
  • Riesentandem;
  • monströse “Pump Gun“-Wasserpistolen (zwingend erforderliche Abholung des Meistertitels am Montagmorgen in Oldenburg wurde mit einem zweckgebundenen Besuch bei “toys ’r’ us“ kombiniert);
  • als Chearleader mit kurzen schwarzen Röcken;
  • aus Anlaß des internen silbernen Jubiläums unseres Kompaniechefs Berni Neelsen wurden überdimensionale Schnauzbärte getragen (und noch Wochen später klebte ein “Mr. Pringles“-Exemplar auf der Rotlichtschablone der innerstädtischen Ampelanlage);
  • als Mexikaner mit Sombrero, Poncho und aufmunitionierten Kurzflaschen-Patronengurten;
  • rollende Sänfte für Robert (2009 amtierender König in Bockwursthausen);
  • Fußball-WM der Frauen 2011 (siehe Foto).

Laut Abstimmung beim sonntäglichen Grillen sollten am Folgetag auch schon Baströcke zum Einsatz kommen, aber der neue König kam am Montag aus den eigenen Reihen und machte uns somit leider einen Strich durch die Rechnung. Außerdem versuchte man sich auch schon ’mal als Spielmannszug, aber da die Pauke das einzige Instrument war, welches unfallfrei und ohne Mißtöne bedient werden konnte, wurde das Experiment schnell beendet und das Feld den musikalischen Profis wieder überlassen.

Die Blumenschmuckidee für die Gewehrkolben entstand ebenfalls in den 80er Jahren und wurde u.a. durch (den Fachmann in solchen Fragen) Kompaniemitglied Günther Opitz, mit tatkräftiger Unterstützung von Berni Neelsen, aufgegriffen. Anfangs erfolgte die Gestaltung sehr individuell (quer durch die botanische Artenvielfalt) und vor allem extrem unkonventionell; mussten doch nicht selten der hauseigene Kräutergarten, des Nachbarn Rosenbeet und auch die Tischgestecke in diversen Kneipen einige Federn lassen. Zu den nachfolgenden “Blumenkindern“ wurden zunächst – in erblicher Reihenfolge – Heike Siemens, Cacki, Robert und schlußendlich Hörmännchen & Butters mit höheren Weihen bedacht und für diese verantwortungslose, ähh -volle Aufgabe auserkoren. Mittlerweile wird das Blumenbusiness jedoch zentral koordiniert und optisch einheitlich durch einen weiblichen “Grünen Daumen“ betrieben.

Wenn der aktuelle König von der Gewehrkompanie gestellt wird, dann entfällt die Verkleidung übrigens. Aufgrund des öffentlichen Erscheinungsbildes als amtierende Königskompanie soll damit der Majestät aus den eigenen Reihen in gebührender Form Respekt gezollt werden.

Während vor ein paar Jahren ausschließlich spontane Einfälle zum Einsatz kamen, sind zwischenzeitlich immer öfter generalstabsmäßige Planungen und Vorbereitungen erforderlich, um die aufwändiger werdenden Ideen umsetzen zu können (Stichwort “Eyecatcher“-Verkleidung; selbstredend mit dem dazugehörigen und selbsterstellten, passenden Mottoschild). Die Bestellung und/oder Buchung des “Equipment“ wird teilweise schon Wochen vor dem Mützenfest auf die Agenda gesetzt und die Vorfinanzierung erfolgt durch die Gewehrkompanie-Gemeinschaftskasse. Sämtliche Ausgaben werden solidarisch durch alle Mitglieder getragen und im Umkehrschluß partizipieren somit alle Mitglieder auch beim Ausgeben der (regelmäßig in kleinen “verbraucherfreundlichen“ und überschaubaren Beträgen eingezogenen/-gesammelten) Gelder in Form von reichhaltigem Lebensmittelgenuß während des gesamten dreitägigen Schützenfestes.

Eine Gemeinschaft kann nur so stark sein, wie ihr schwächstes Kettenglied. Aus diesem Grund achten wir auf starken Zusammenhalt. “Fühlt“ sich beim ersten Lesen zwar pathetisch an, is’ aber so.   J

“mj“

– seit dem 18.07.2011 Feldwebel, aufgrund besonderer Verdienste um das Schützenjacken(!)wesen –